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Das Cushing-Syndrom und andere Erkrankungen der Nebenniere

Uns begegnet durch die größere Verfügbarkeit von hochauflösenden bildgebenden Verfahren wie CT, MRT aber auch die der Sonographie zunehmend häufiger die Situation, dass im Rahmen dieser bildgebenden Diagnostik ein Nebennierentumor festgestellt wird. Das wirft sowohl bei Ihnen als Patienten als auch bei ärztlichen Kollegen, die mit dieser Thematik nicht so vertraut sind, viele Fragen auf. Die Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor eine Empfehlung hinsichtlich einer Adrenalektomie gegeben werden kann, beziehen sich vor allem auf Hormonaktivität und die Dignität (Gutartig oder bösartig): Produziert der Nebennierentumor Hormone, deren Auswirkungen bislang nicht bemerkt wurden oder einfach schwer zu erkennen sind? Wie groß ist der Nebennierentumor? Gibt es Hinweise für einen bösartigen (malignen) Nebennierentumor, sogenannte Nebennierenkarzinome oder Metastasen bei bekanntem oder bislang nicht diagnostizierten Tumorleiden? Zu den häufigen Krankheitsbildern im Bereich der Nebenniere gehören das Cushing-Syndrom, der Hyperaldosteronismus und der Hyperkortisolismus.

Diagnostik von Nebennierenerkrankungen (Cushing-Synrom, Hyperaldosteronismus, Hyperkortisolismus)

Nachdem ein Nebennierentumor festgestellt wurde, sollten Sie zunächst sorgfältig anamnestisch befragt werden. Bei der körperlichen Untersuchung werden vor allem auf Hautveränderung, Änderung des Behaarungstyps und weitere Stigmata, die mit dem jeweiligen Hormon-Exzess vor allem bei Cushing-Syndrom vergesellschaftet sind, geachtet. In vielen Fällen können so eindeutige Zeichen für einen Hyperkortisolismus, Hyperaldosteronismus oder eine Katecholaminsekretion (Nebennierenmarkshormon) fehlen. Aufgrund dessen ist es essentiell, dass Sie einen diagnostischen Algorithmus durchlaufen, der sich an Anamnese und Symptomen orientieren sollte, um die Diagnostik möglichst gezielt und sparsam zu gestalten. Die Diagnostik erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Endokrinologen und Radiologen und ist darauf ausgelegt, beim Hyperkortisolismus und Hyperaldosteronismus einen Tumor nachzuweisen.

Vor einer minimalinvasiven Adrenalektomie oder teilweisen Entfernung der Nebenniere sollte die Art des Nebennnierentumors möglichst klar sein. Der Phäochromozytomausschluss (Nebennierenmarkstumor) hat dabei vorrangige Priorität. In ungefähr 5% der Fälle wird bei einem Nebennierentumor ein Phäochromozytom diagnostiziert. Ungefähr die Hälfte der Patienten haben in Ruhe einen normalen Blutdruck. Die Bestimmung der Katecholamine und ihrer Metabolite im 24h Sammelurin bietet eine ausgezeichnete Sensivität und Spezifität. In der CT oder MRT-Untersuchung weisen Phäochromozytome, die sehr gut vaskularisiert, sind und häufig cystische Anteile enthalten, ein sog. „Schweizer-Käse“-Phänomen auf. Eine 123I-MIBG-Szintigraphie oder 18F-DOPA-PET-CT sollte durchgeführt werden, um Metastasen oder multiple Tumore zu diagnostizieren.

Diagnostische Herausforderungen bei Cushing-Syndrom, Hyperkortisolismus und Hyperaldosteronismus

Ein subklinisches Cushing-Syndrom, bzw. ein autonomer Hyperkortisolismus, besteht bei 5% der Patienten mit Nebennierentumor. Der typische klinische Phänotyp (Erscheinungsbild) fehlt meistens. In schwächerer Form kommen jedoch Adipositas (Fettleibigkeit), diabetische Stoffwechsellage (Zuckererkrankung), Osteoporose und arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) vor. Der autonome Hyperkortisolismus wird durch einen Dexamethason-Hemmtest (2mg) gesichert.

Bei 1% der Patienten mit Nebennierentumor besteht ein sogenannter primärer Hyperaldosteronismus. Über die Hälfte der Patienten hat dabei keine Hypokaliämie (niedrigen Kaliumspiegel im Blut). Der Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ) ist dabei aber nur als Screening-Test zu verstehen. Eine differenzierte Diagnostik ggf. mit Salzbelastungstest, oder strengere Kriterien, wie ein Renin-Wert von <0,5, werden von Endokrinologen zur Bestätigung des primären Hyperaldosteronismus gefordert.

Ein Nebennierentumor, der keine spezifischen Hormone produziert, also nichtfunktionell ist, ist mit über 75% der häufigste Befund, trotzdem muss eine Hormonproduktion durch die entsprechende Diagnostik durch den Endokrinologen ausgeschlossen werden.

Nebennierentumore, Hyperkortisolismus, Hyperaldosteronismus und Adrenalektomie

Epidemiologische Studien zeigen, dass ungefähr 25% der Nebennierentumore über 4cm Größe bösartig (maligne) sind. Das ist die Grundlage sowohl für die amerikanische Gesellschaft der Endokrinologie und der endokrinen Chirurgen bei einer Größe über 4 cm die Resektion zu empfehlen. Mit zunehmender Größe steigt auch das Malignitätsrisiko. So ist nahezu die Hälfte (47%) der Nebennierentumore über 8cm maligne. Wir raten Ihnen deshalb in der Regel dazu, Nebennierentumore über 4cm durch eine minimalinvasive Adrenalektomie entfernen zu lassen. Alternativ sollte eine Verlaufskontrolle durch Computertomographie oder Magnetresonanztomographie veranlasst werden.

Anamnestische Hinweise für ein Nebennierenkarzinom, das sehr selten ist, kann eine kurze Anamnese eines Hyperkortisolismus, Schmerzen, eine B-Symptomatik, eine Einblutung mit Schmerzereignis sein, die uns immer aufhorchen lassen. In diesen Fällen ist eine schnelle Diagnostik und Therapie für das onkologische Ergebnis mit entscheidend.

Nebennierenmetastasen liegen in ca. 2% der Fälle eines NNI vor. Allerdings beträgt bei einem Patienten, bei dem eine Tumorerkrankung bekannt ist und ein NNT neu diagnostiziert wird, das Risiko für eine Nebennierenmetastase auf 50-75%.

Der Primäre Hyperaldosteronismus

Es gibt Besonderheiten in der Diagnostik, der Chirurgie und des perioperativen Managements die eine große Erfahrung und profunde Kenntnisse in der Nebennierenchirurgie erfordern. Beim Primären Hyperaldosteronismus ist die häufigste Ursache (50-70%) ein unilaterales Adenom, das nach dem Erstbeschreiber auch als Conn-Adenom bezeichnet wird. Seltene Ursachen für einen Primären Hyperaldosteronismus sind eine Hyperplasie (20-40%) und seltene Formen. Typischerweise sind die Conn-Adenome zwischen 1-2 cm groß. Die Unterscheidung zwischen dem Adenom und der Hyperplasie beim primären Hyperaldosteronismus ist wichtig, da das Conn-Adenom die Domäne der Chirurgie, die Hyperplasie jedoch medikamentös mit einem Aldosteronantagonisten behandelt wird. Hier ist zur Unterscheidung neben dem CT/MRT ggf. eine sog. selektive Venenblutentnahme (SVE) zu empfehlen. Die subtotale Resektion zeigt gleich gute Ergebnisse wie die Adrenalektomie. Bei guter Patientenselektion lässt sich die Hypertonie in über 30% der Patienten beseitigen, bei einem weiteren Drittel verbessern. Die Hypokaliämie ist nahezu in 100% der Patienten behoben.

Das Cushing-Syndrom und seine Ursachen

Das adrenale, ACTH-unabhängige Cushing-Syndrom wird in absteigender Reihenfolge durch ein Nebennierenadenom, Nebennierenkarzinom und die makro- und mikronoduläre Hyperplasie verursacht. Da das Cushing-Syndrom unbehandelt innerhalb von 5 Jahren zum Tode führt, und die medikamentöse Therapie nebenwirkungsreich und meist nur vorübergehend wirkt, ist die Indikation zur Adrenalektomie mit der Diagnose Cushing-Syndrom eigentlich schon gestellt. Eine perioperative Substitutionstherapie bei Hyperkortisolismus mit Glukortikoiden ist zwingend erforderlich, um eine akute Nebennierenrindeninsuffizienz, die sog. Addison-Krise zu verhindern. Die verbleibende Nebenniere nach einseitiger Adrenalektomie ist nach der Therapie des Hyperkortisolismus unterdrückt (supprimiert) und benötigt bis zu 6 Monate postoperativ, um eine ausreichende Hormonproduktion (Cortisol) wiederzuerlangen. Bis dahin muss der Patient, meist unter schrittweiser Dosisreduktion, eine Glukokortikoidsubstitution erhalten. Patienten nach beidseitiger Adrenalektomie muss ein Notfallausweis ausgehändigt werden.

Ein Nebennierenmarkstumor (Phäochromozytom) sollte nach Diagnosestellung immer durch eine Adrenalektomie behandelt werden. Aufgrund des hohen Anteils von Erbgutveränderungen (Mutationen) unter vermeintlich sporadischen Phäochromozytomen würden wir Ihnen immer eine genetische Untersuchung und Beratung bestimmter Gene (RET, SDHB, SDHD, VHL) empfehlen. Das Ergebnis kann z.B. im Falle einer Multiplen Endokrinen Neoplasie Typ 2 zur Änderung von einer Adrenalektomie in eine partielle (teilweise) Nebennierenentfernung führen. Vor einer Operation werden Sie medikamentös vorbehandelt, um intraoperative Blutdruckspitzen durch die ausgeschütteten Hormone (sog. Katecholamine) zu verhindern.

Geschichte der Adrenalektomie

Im Jahr 1992 berichtete Michel Gagner die erste laparoskopische, d.h. minimal-invasive, Adrenalektomie. Seitdem haben sich die minimal-invasiven Operationsverfahren als Goldstandard in der Behandlung von Nebennierentumoren, dem Cushing-Syndrom, Hyperaldosteronismus und Hyperkortisolismus fest etabliert. Für bestimmte Indikationen (z.B. ein familiäres beidseitiges Phäochromozytom) kommen partielle Resektionsverfahren, bei denen der gesunde Nebennierenanteil erhalten wird, zum Einsatz. In der MIVENDO Klinik favorisieren wir die sogenannte laparoskopische, d.h. minimalinvasive Technik über die Bauchhöhle unter einer Vollnarkose, um das Cushing-Syndrom, Hyperaldosteronismus oder Hyperkortisolismus zu behandeln. Es wird eine spezielle Lagerung verwendet, bei der Sie auf einer weichen Vakuummatratze auf der Seite liegen. Es werden für einen Nebennierentumor der linken Seite über drei kleine Inzisionen (1-2cm) Einführhilfen, sog. Trokare, Instrumente und eine HD-Kamera eingebracht. Dann wird die Nebennierenregion unter Verlagerung von Milz und Bauchspeicheldrüsenschwanz freigelegt und der Nebennierentumor nach Durchtrennung der Nebennierenvene mit speziellem Instrumentarium herauspräpariert. Für die rechtsseitige Adrenalektomie ist ein Trokar mehr (also 4) erforderlich, da der rechte Leberlappen angehoben werden muss. Die Nebennierenvene ist auf der rechten Seite sehr kurz, da sie direkt aus der unteren Hohlvene abgeht. Nach deren Durchtrennung ist das Vorgehen das Gleiche wie bei einer linksseitigen Adrenalektomie. Es wird besonders auf eine exakte Hämostase (Blutstillung) geachtet und Versiegelungs-Instrumente (BiCision) verwendet, um dieses Ziel zu erreichen. Komplikationen sind bei diesem standardisierten Eingriff extrem selten, und die überwiegende Zahl der Patienten werden am 2.-3. postoperativen Tag aus der stationären Behandlung entlassen.

Wir besitzen eine ausgewiesene Expertise in der konventionellen und minimalinvasiven Nebennierenchirurgie (Adrenalektomie, partielle oder subtotale Nebennierenresektionen) und dem perioperativen Management der verschiedenen Erkrankungen, die mit Nebennierentumoren verbunden sind, darunter das Cushing-Syndrom, Hyperaldosteronismus , Hyperkortisolismus.